Erfolgsfaktoren einer systemischen Organisationsentwicklung in der Praxis (Teil 2)
Im ersten Artikel ging es um die Frage „Was ist unter „systemischer Organisationsentwicklung“ zu verstehen“? In Teil 2 beschreibe ich die Herangehensweise und die Erfolgsfaktoren einer Changebegleitung unter dem Moto „Aus zwei mach eins“.
Zur Ausgangssituation
„Aus zwei mach eins“ bedeutete die Zusammenführung von zwei Organisationseinheiten am selben Standort mit entgegengesetzten Zwecksetzungen: Zum einen die Niederlassung mit einem vorgegebenen Umsatzziel und den damit verbundenen Indikatoren der Kundengewinnung, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit. Zum anderen der Hauptumschlagplatz mit Warehouse, dessen Tätigkeit durch knappe Zeitfenster und einem Druck zur Kostenreduzierung gekennzeichnet war. Die Zusammenarbeit der beiden Einheiten zeichnete sich eher durch Konfrontation als durch Kooperation aus. Gegenseitige Schuldzuweisungen und Ignoranz standen im Vordergrund. Das gemeinsame Gebäude war unauffällig für Besucher, aber augenfällig für alle Mitarbeiter in zwei Zonen mit imaginären Grenzmarkierungen geteilt. Die Ergebnisse in der Mitarbeiterbefragung waren schlecht. Motivation der Mitarbeiter und Erfolge in den jeweiligen Einheiten zeigten stark zurückgehende Ergebnisse.
Das Ziel und der Weg
Statt zwei Managern sollte es eine personenidentische Führung geben: Ein Standortleiter mit allen Kompetenzen und einem neuen, einheitlichen Führungsverständnis. Systemisch betrachtet war vollkommen klar, dass eine neue Führungsstruktur allein keine nachhaltige Veränderung herbeiführen konnte, denn „Akteure sind austauschbar, Strukturen bleiben“ (Fritz Simon, 2006). Ein Einzelner wird scheitern, wenn er Veränderungen ohne Unterstützung seiner Führungskräfte und Mitarbeiter anordnet. Was also tun?
Die Etappen auf dem Weg
Der neue Standortleiter entschied sich bewußt nach einigen Gesprächen den Wandel mit allen Führungskräften der beiden Organisationseinheiten anzugehen.
1. Zunächst sollte ein gemeinsames Leitbild für den zusammengeführten Standort entwickelt werden, das sich eng an der Unternehmensmarke orientierte, aber nach innen eine neue Identität schaffen sollte. Die Fragestellung für den ersten Workshop im Managementkreis lautete also: Was muss getan werden, damit alle Mitarbeiter wieder `stolz´auf ihren Standort sind? Welche konkreten Verhaltensweisen leiten sich daraus für alle Führungskräfte ab?
2. In der nächsten Runde wurden die Ergebnisse von der zweiten und dritten Führungsebene bearbeitet und ergänzt. Der `eine Standort´sollte „Best in class“ sein und als Leitbild für alle Mitarbeiter dienen. „Best in class“ bedeutete zweierlei: Zum einen im Wettbewerb mit den anderen bundesweit tätigen Niederlassungen danach zu streben stets bei den bestplatzierten zu sein. Zum anderen fand sich darin der Weg der kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und Ergebnissen.
3. Parallel zu den Workshops wurde für alle Führungskräfte der mittleren Ebene ein Führungstraining durchgeführt. Ziel dabei war einen gleichen Wissenstand als Grundlage für ein einheitliches Führungsverständnis zu schaffen.
Ein Jahr später wurde auf einer Veranstaltung die Zwischenbilanz gezogen.
Die Ergebnisse aus der systemischen Changebegleitung
Die Zusammenlegung der beiden Einheiten durch veränderte Abläufe, neue Aufgaben und das Sicherstellen von Zielerreichungen konnte rasch abgeschlossen werden. Die Neuordnung der Kommunikationswege durch neue Berichtslinien wurde ebenfalls schnell umgesetzt. Ein langsames Vorankommen, teilweise auch mit Rückschlägen, gab es in dem Aufbrechen der unterschiedlichen Kulturen gepaart mit den unterschiedlichen Führungsstilen.
Hilfreich war dabei sicherlich, das nach den ersten top down Interventionen nach und nach alle Mitarbeiter einbezogen wurden. Somit konnten vor allem aufgrund der sehr kritischen Feedbacks seitens der Mitarbeiter zur Rolle ihrer Führungskräfte einige Justierungen vorgenommen werden.
Die erbrachten Leistungen und Ergebnisse wurden von Jahr zu Jahr besser, der Leitstern „Best in Class“ war erfolgreich. Der Weg zu einer gemeinsamen Identität für einen Standort ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt aber Hinweise aus den Mitarbeiterbefragungen, dass das Zusammenwachsen von „die da drüben“ und „wir hier“ weiter vorangeht.
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