Kennen Sie diesen „Schlagabtausch“ in Ihrem Unternehmen?
Im Teammeeting sollen die sinkenden Umsatzzahlen analysiert werden. Der Abteilungsleiter eröffnet mit den Worten: „Die Statistik für diesen Monat ist eine reine Katastrophe. Manche Kunden hängen minutenlang in der Warteschleife, bis sie telefonisch betreut werden. Zusätzlich gibt es Beschwerden über nicht beantwortete Reklamationen. Und die Neuabschlüsse sind unterirdisch.“ Die anwesenden Gruppenleiter werden unruhig. Einige senken betreten den Kopf. A erwidert gekränkt: „Wir sind seit Wochen unterbesetzt, was sollen wir denn noch alles tun?“ Außerdem soll uns die IT mit ihrer Technik unterstützen und nicht behindern.“ Kollege B eilt scheinbar zu Hilfe und ergänzt: „Und wenn Marketing uns endlich besser unterstützen würde, sähe es auch anders aus.“ Direkte Reaktion von A zu seinem Kollegen B: “Jetzt lass doch mal deine Privatfehde gegen Marketing außen vor“. Und blitzschnell ist ein Rollenwechsel vollzogen, das Problem mit den sinkenden Umsatzzahlen weiterhin nicht gelöst und ein Konflikt entstanden.
Im Dramadreieck gibt es drei feste Rollen, die blitzschnell wechseln können: Der Verfolger, das Opfer, der Retter. Neulich hat mich eine Szene im Urlaub an das Dramadreieck zur Konfliktlösung erinnert. Eine Riesenschildkröte tapert aus dem Wäldchen in Richtung Strand, an dem sich einige Urlauber sonnten. Unruhe entstand. Teilweise bedingt durch Furcht, dass das tonnenschwere Tier unbeirrt auf einen zukommt. Teilweise durch Neugier mit dem Wunsch, diesen Moment per Foto festzuhalten. In der Urlaubsszenerie „verfolgte“ die Riesenschildkröte die „sonnenbadenden Opfer“ und zugleich kamen die „Retter“. Einige weiter entfernt liegende Urlauber räumten Handtücher und andere Utensilien weg und versuchten, das Tier in eine andere Richtung zu leiten. Die „Retter“ wurden so zu „Verfolgern“ der Schildkröte. So schnell kann das auch im Berufs- und Privatleben gehen.
Zur Dramaturgie des Drama Dreiecks
- Das Opfer: Dies ist die vermeintlich “schwache” Position. Man wirft dem Opfer etwas vor oder für etwas verantwortlich gemacht. Allerdings ist das Opfer nicht nur passiv, sondern übernimmt diese Rolle aktiv (gerne). Sich als Opfer zu erleben, hat einen Nutzen. Man darf jammern, denn die anderen sind ja verantwortlich dafür, dass es einem schlecht geht. Das Opfer sieht sich nicht in der Lage, seine Situation zu ändern. Gleichzeitig ist diese ‘ohnmächtige’ Position sehr machtvoll, denn das Opfer gibt seine Verantwortung für das eigene Handeln und dessen Folgen an andere ab.
- Der Retter: Im Drama-Dreieck ist dies der vermeintlich “Gute”. Er greift helfend ein und reißt oft die gesamte Verantwortung für das ‘Problem’ des Opfers an sich. Retter reagieren auf tatsächliche Hilferufe von Opfern. Oft agieren sie auch ohne direkten Auftrag, sondern beziehen die Legitimität ihres Handelns aus der Situation (“Da muss doch jemand was tun!”)
- Der Verfolger: Die vermeintlich „mächtigste“ Rolle im Drama-Dreieck. Er will das Opfer beschuldigen, bestrafen oder zur Rechenschaft ziehen. Ähnlich wie der Retter, glaubt der Verfolger zu wissen, was die Ursache für die „Opfersituation“ ist: Die Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Opfers. Während der Retter für Verständnis und sanfte Lösungen wirbt, plädiert der Verfolger für Konsequenz und Härte.
Drama Dreieck beim Abendessen
Sie essen mit einem befreundeten Ehepaar zu Abend. Dabei streitet sich Ihre Freundin mit ihrem Mann über die Qualität des Service. Sie wollen die Spannung rausnehmen und versuchen zu erklären was Ihre Freundin meint. Darauf greift der Mann Sie mit den Worten an: “Würdest du dich da bitte raushalten, wir kriegen das schon geregelt.“ Pikiert antworten Sie: “Da will man mal helfen und das ist der Dank.” Nun versucht sich Ihre Freundin mit den Worten: “Er meint es nicht so, er hat momentan einfach unglaublich viel um die Ohren“. Schneller kann man in diesem kurzen Wortwechsel die Rollen zwischen Verfolger – Opfer – Retter gar nicht tauschen. Und eines ist auch klar, das wird kein entspannter Abend mehr.
Wie kann ein Konflikt im Drama Dreieck gelöst werden?
- Erkennen Sie Ihre Lieblingsrolle. Fühlen Sie sich als Opfer? Dann jammern Sie nicht – werden Sie aktiv. Spielen Sie gerne den Retter? Dann nehmen Sie das vermeintliche Opfer mit in die Verantwortung. Oder hören Sie auf, Ihre Hilfe aufzudrängen. Als Verfolger ersetzen Sie negative durch konstruktive Kritik.
- Überprüfen Sie Ihr Kommunikationsverhalten in Konflikten. Mit welchen verbalen und non-verbalen Signalen senden Sie Angriff, Verteidigung oder Hilfsangebote. Achten Sie auf Ihre Wortwahl!
- Versuchen Sie die Konfliktsituation aus der Perspektive aller Beteiligten zu erfassen und zu verstehen.
Jeder von uns schlüpft bewusst oder unbewusst in diese Rollen. Steckt man erst mal in einem Konflikt fest, ist es schwierig aus dem Karussell von Vorwürfen – Schuldzuweisungen – Verteidigung auszusteigen. Wenn Sie beim Ausstieg aus dem Drama Dreieck einen externen Sparringspartner benötigen, unterstütze ich Sie gerne!